Warum Gutscheine im Wert von 40 % Familien nur auf den ersten Blick finanzielle Entlastung bringen.
Eine wichtige Sache vorab: Da sich auf der Plattform lediglich gemeldete Reinigungsfirmen registrieren können, werden diese in aller Regel auch umsatzsteuerpflichtig sein. Da der Staat für jede durchgeführte Reinigung Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent erhält, sind es in Wirklichkeit nur 21 Prozent, die er am Ende drauflegt. Fast die Hälfte des Gutscheins wird also über die Reinigungsfirmen selbst finanziert.
Ebenfalls bedenklich: Der Staat verleitet – wenn auch sicherlich ungewollt – finanziell schlecht gestellte Familien mit dem Gutschein dazu, eine Haushaltshilfe zu engagieren, die sie sich eventuell auch mit Rabatt nicht leisten können. Durch den Rabatt erscheint das Angebot den Familien als „Schnäppchen“ und erhöht somit deren Zahlungsbereitschaft. Selbst zahlen müssen sie immerhin noch 60 Prozent – ein weiterer Ausgabenposten in einem ohnehin knappen Budget. Wie knapp, zeigt das folgende Rechenbeispiel.
Ein Familienhaushalt möchte einmal pro Woche für drei Stunden eine Haushaltshilfe beschäftigen. Da die Anfahrt zur Arbeitszeit zählt, sind dafür vier bezahlte Stunden bei je 30 Minuten für An- und Abreise zu veranschlagen. Die Reinigungsfirma müsste in diesem Beispiel 27 Euro pro Anwesenheitsstunde beim Kunden berechnen — und das nur, um die Kosten zu decken. Die Reinigungsfirma macht bei diesem Preis noch keinen Cent Gewinn und bezahlt nur den Mindestlohn an ihre Reinigungskräfte. Mit Rabatt kostet den Kunden eine Stunde Reinigung rund 16 Euro. Das ist **höher als der Schwarzmarktpreis, der zwischen 8 und 15 Euro liegt.
Bei einer 40-Stunden-Woche, durchschnittlich 4,33 Wochen pro Monat und 12 Euro Mindestlohn pro Stunde kommt man auf einen Bruttolohn pro Monat von 2.078,40 Euro. Das heißt:
Brutto-Jahreskosten = Brutto-Jahreslohn (2.078,40 Euro x 12 Monate) + Lohnnebenkosten = 31.042,20 Euro
Kosten pro Stunde = Brutto-Jahreskosten (31.042,20 Euro) / 230 Arbeitstage / 8 Arbeitsstunden pro Tag = 16,87 Euro (netto)
zuzüglich 19% Mehrwertsteuer **= 20,08 Euro pro Stunde
*Bei den Kostenabgaben handelt es sich um Mindestwerte. Weitere Kosten, die z.B. durch Krankheit (durchschnittlich 10,9 Tage / Arbeitnehmer / Jahr), Sonderurlaub und zusätzliche Urlaubstage entstehen, sind in dieser Rechnung nicht berücksichtigt.
Diese Rechnung zeigt das unterste Preislimit, bei der die Reinigungsfirma noch keinen Gewinn macht, sondern lediglich die Kosten für eine Stunde Reinigung abgedeckt sind. Ein Budget für Kundenservice, Schulungen, Fahrtkosten, Reinigungsmaterial, Personalführung, Büro, Buchhaltung und Rücklagen ist bei diesem Preis nicht möglich. Auch ist kein Puffer eingerechnet für die Zeiten, in denen die Firma mal nicht zu 100% ausgebucht ist, Mitarbeitende aber weiter bezahlt werden. Die wöchentlich gebuchte Haushaltshilfe würde unter diesen Annahmen die Familie mit Zuschuss pro Jahr 2.506 Euro kosten (52 Wochen x 80,32 Euro x 0,6). Wer weniger als 2.284 Euro brutto pro Monat verdient, gilt in Deutschland als Geringverdiener. Das heißt, diese müssten in Heils Modell mehr als ein komplettes Brutto-Monatsgehalt aufwenden, um einmal pro Woche Unterstützung im Haushalt zu bekommen. Oder anders ausgedrückt: Sie müssten als Vollzeitbeschäftigte mehr als 173 Stunden (40 Stunden x 4,33 Wochen) arbeiten, um 156 Stunden (52 Wochen x 3 Stunden) Unterstützung zu erhalten. Zumal der tatsächliche Stundenpreis höher liegen wird als im Beispiel, da die Reinigungsfirma die weiteren Kosten decken muss und auch etwas verdienen möchte.
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Was steckt hinter dem geplanten Modell? Wie hoch ist der Bonus für Familien? Welche Reinigungsfirmen können sich auf der staatlichen Plattform registrieren? Ein Überblick.
Für „schwarze“ Reinigungsfirmen gibt die App keinen Anreiz, ein Gewerbe anzumelden. Im besten Fall entsteht ein Mindestlohnsektor – ohne Wachstums- oder Innovationspotenzial. Warum das so ist, erfahren Sie hier.
Heils Modell wird durch die niedrige Entlohnung hauptsächlich Menschen ins Reinigungsgewerbe ziehen, die zwar arbeiten wollen, aber sonst keine Beschäftigung finden. Die Folge: Nutzer der Plattform werden mit den gebuchten Reinigungen in der Regel unzufrieden sein.
Hinter Online-Plattformen steckt mehr als nur eine App. ExtraSauber ist ein Marktplatz, der Reinigungsfirmen einen Rundum-Service bietet und Kundinnen und Kunden persönliche Betreuung und Beratung. Wer kümmert sich um das alles bei der Staats-App?
Bei Heils Idee gilt es vor allem, das Gutschein-Modell zu überdenken. Langfristig kann Schwarzarbeit im Reinigungsgewerbe jedoch nur eingedämmt werden, wenn der Staat die gesetzlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen für Reinigungskräfte anpasst. Wir haben Verbesserungsvorschläge ausgearbeitet.
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